Szenenfoto aus „Hysteria“, das zur Zeit im Stadttheater Mödling aufgeführt wird. 

Foto: ©Bettina Frenzel

"Das Schweigen gehört Ihnen, es sagt mehr als Sie ahnen!"
Freud über Verführung und Missbrauch

Vorweg, „Hysteria“, die neueste Produktion des Stadttheaters Mödling, ist mehr als empfehlenswert. Wenn Sie zudem eine kritische Sympathie zu Sigmund Freud und seinen Theorien verbindet, ist es fast eine unentschuldbare Nachlässigkeit das Stück nicht gesehen zu haben.
1896 hatte Freud frühzeitig erkannt, dass zahlreiche Kinder, vor allem Mädchen im jüngsten Alter von Familienangehörigen und hier in erster Linie von ihren Vätern sexuell missbraucht wurden. Eine Entdeckung mit weitreichender Wirkung, die bei seinen Fachkollegen jedoch auf harte Ablehnung stieß und zur Isolierung Freuds führte. 1905 widerrief Freud seine Erkenntnisse der Verführungstheorie (Missbrauchstheorie), indem er sie zum Phantasieprodukt seiner Patientinnen erklärte.
Diese brisante Thematik und die spannende Frage, was Freud zum Widerruf veranlasste, greift Terry Johnson in „Hysteria“ auf. Dazu bedient er sich der Form des Traums. In der Konfrontation mit seinen „Traumgestalten“ entfacht sich eine surreale Szenerie mit verworrener Handlung, die zum Schluss kommt, dass Erkenntnisse länger brauchen, um sich durchzusetzen, wenn sie die Verbrechen der Machtträger offenlegen.
Peter Faerber als Freud, Monica Anna Cammerlander als Jessica, Willy Höller als Dr. Yahuda und Carl Achleitner als Dali liefern eine beeindruckende Bühnenleistung in der zwischen Komik und Tragik gut ausbalancierten Inszenierung von Rüdiger Hentzschel. Wieder einmal überzeugend, die Raumlösung von Johannes Leitgeb. Gespielt wird noch bis 16. Dezember.

Badener Zeitung 49 - 6.12.2007